Foto: Udo Meinel

Installation Autostazione Zeppieri

Olevano Romano, Italien

Foto: Udo Meinel

Installation Autostazione Zeppieri

Preisträger Hans Schaefers Preis 2010
Projekt
Installation Autostazione Zeppieri
Architekt
Anne Boissel

Ein Gebäude für die Verkehrsinfrastruktur, das seine versammelnde Funktion verloren hat, kann ein Anlass für eine Reise in die Vergangenheit sein. Die Verfasserin versucht, durch bisher zwei gestalterische Interventionen, Erinnerungen mit neuem Gebrauch zu verbinden. Der ursprüngliche (nicht ausgeführte) Entwurf für den Dachfries mit dem Schriftzug der Station Zeppieri wurde 2008 durch eine flächige Farbgestaltung ersetzt. Gelb reflektierendes Material, das gewöhnlich im Straßenverkehr benutzt wird, soll die Scheinwerferlichter aus dem Tunnel herausfahrender Autos verstärken; der Anlass für den Niedergang des Gebäudes verleiht ihm nun eine neue fast komische Bedeutung (wozu die comichafte Präsentation ebenfalls beiträgt). Zwei Jahre später nutzt die Verfasserin einen Raum des fast funktionslos gewordenen Gebäudes für eine kleine Ausstellung (eben jene Postkarten und Photographien). Eine ebenfalls gelb leuchtende Lichtinstallation sorgt für eine gewollte Assoziation zu den handgeklöppelten Tüchern, mit denen laut Verfasserin „anlässlich des Festes der Pilgerfahrt zur SS. Trinità die bröckelnden Fassaden in der Altstadt“ verhüllt werden. Darüber hinaus hat die Verfasserin an die einstigen Feiern auf der Terrasse und dem Dach erinnert, indem sie dieses nach Jahrzehnten wieder zugänglich gemacht hat. Indem die Autorin anhand ihres Projekts die Frage nach der Dichotomie von Zeichenhaftigkeit und Performanz neu stellt, rückt sie die Moderne in einen so noch nicht beachteten, aktuellen Bezug.
Das Entdecken des eigenen Ortes und der eigenen Geschichten, die man dort einst erlebt hat, hat im 20. Jahrhundert und durch die moderne Architektur eine andere Dimension gewonnen. Statt Traditionen wiederzubeleben oder Erinnerungen nostalgisch nachzuhängen, bringt die Reaktivierung eines „Altbaus“ der Moderne auch die Erinnerung zurück, dass es sich dabei einstmals um etwas Neues gehandelt hat, das die sozialen und ökonomischen Bedingungen des Ortes und seiner Bewohner verändert hat. Deshalb sind temporäre Neunutzung und Neugestaltung keine Blasphemie, sondern notwendiger Bestandteil moderner Architektur. Die Verfasserin hat dies implizit klar gemacht. Zugleich aber hat sie betont, dass die Autostazione Zeppieri ein besonderer Ort ist, der seine eigene Geschichte aus der engen Verbindung mit der Gemeinde Olevano Romano bezieht. Es ist folglich weniger die „unbeachtete Moderne“, die hier neu gewertet wird, vielmehr eine bisher zu eindimensional verstandene. Die Arbeit leistet deshalb einen wertvollen diskursiven Beitrag zu einer wichtigen Debatte der Gegenwart.