Wohnregal – Wohn- und Arbeitsateliers

Die Entwurfsverfasser legen für eine Baulücke in einem architektonisch eher unprätentiösen Umfeld einen spannungsgeladenen Entwurf vor. Das 6-geschossige „Wohnregal“ in Berlin-Moabit dominiert mit einer konsequent aus Stahl und Glas gehaltenen Fassade und einem außen liegenden, mit Edelstahlnetz absturzgesicherten Treppenhaus prominent das Straßenbild. Es fügt sich mit dem industriellen Design und der dichten Anordnung trotz klarer Abgrenzung zur Bestandsbebauung sehr gut in die Baulücke ein.

Die Grundidee der Entwurfsverfasser, Fertigungskosten und Bauzeit durch industrielle Vorfertigung einzusparen, ist trotz unwirtschaftlicher Kleinteiligkeit des Grundstückes gelungen. Die über 13 Meter lang gespannten und in einem engen Raster angelegten Betonträger, deren Ursprung im Lagerhallenbau liegen, ermöglichen geschossweise eine größtmögliche Flexibilität in der Grundrissgestaltung. Neben einer Büro- und Ateliernutzung im Erdgeschoss bieten die oberen Geschosse eine Aufteilung in zwei Einheiten an, die von Etage zu Etage variieren und in der aktuellen Nutzerstruktur unterschiedlich ausgerichtet und aufgeteilt sind. So bietet das Gebäude eine Resilienz an, um auf die sich verändernden Wohnbedürfnisse in den kommenden Jahrzehnten reagieren zu können. Die Vorhangfassade mit großflächigen Glas-Schiebetürkonstruktionen harmonisiert mit dem Raster der Betonskelettstruktur und macht diese bis in das nähere Wohnumfeld sichtbar. Bei warmen Temperaturen können die Fensterelemente geöffnet werden und den Innenraum zu einer Loggia transformieren. Die verbleibende Grundstücksfläche ist den in Containerstruktur organisierten Kellerflächen vorbehalten.

Der Entwurf leistet einen anspruchsvollen Beitrag für die aktuelle Diskussion zum Thema industrieller Vorfertigung und stellt sich damit dem Wettbewerb zu dem klimaneutraleren Baustoff Holz, der ebenso seriell und vorgefertigt zeitoptimierte Bauabläufe ermöglicht.

Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB Projektmanagement, Berlin