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Preisverleihung des Hugo-Häring-Landespreises 2020/21

13. Dezember 2021

Verleihung des Hugo-Häring-Landespreises des BDA Baden-Württemberg am 19. November in Baden-Baden

„Musik, das sei doch eigentlich fliegende Architektur.“ So sagte es der Mann am Kontrabass. Leise, fast unhörbar, mehr fragend als verkündend, bevor er gemeinsam mit dem Violinisten zu einem neuen Stück ansetzte. Vorausgegangen war ein kurzes, herzliches Geplänkel zwischen den beiden Musikern und dem Festredner Peter Brückner. Der Satz aber, der fast schon im nächsten Musikstück unterging, entzündete bei den Anwesenden einen Funken, der den weiteren Abend im historischen Baden-Badener Elektrizitätswerk erleuchtete. Ein Schauer war im Publikum zu spüren. War man gerade Zeuge, wie dieser schmale, ältere Herr, an sein Instrument geklammert, den philosophischen Kontrapunkt zu Schellings „erstarrter Musik“ formuliert hatte? Kaum ein Gespräch beim anschließenden Stehempfang in der großen Halle des Jugendstilbaus, das nicht auf die Bemerkung des Musikers zurückkam.

Geradezu prosaisch wirken in der Zurückschau die Festrede zu Beginn und die feierliche Preisverleihung im Anschluss. Peter Brückner, als Vorsitzender der Jury, kreiste in seinem Beitrag um die Themen Ort, Raum, Material und Mensch, die er als Essenzen des Bauens zu fassen versuchte und die er schließlich zum Begriff der Heimat verdichtete. Anschaulich wurden seine Thesen vor dem Hintergrund seines eigenen Werkes, das sich vielfach im ländlich-idyllischen Raum der Oberpfalz und des Frankenlandes verortet lässt. Die Preisverleihung wiederum, der eigentliche Zweck und Höhepunkt der Veranstaltung, verlief routiniert. Der Hugo-Häring-Landespreis, liebevoll „Großer Hugo“ genannt, versteht sich als Auszeichnung des BDA „an Bauherren und Architekten für ihr gemeinsames Werk“. So steht es in den Statuten: zuvorderst der Bauherr, dann der Architekt. (Das Generisches Maskulinum ist in beiden Fällen sicher mitzudenken! Immerhin: Zur Landesmitgliederversammlung des BDA am Nachmittag vor der Preisverleihung wurde die neue Firmierung des Dachverbandes als „Bund deutscher Architektinnen und Architekten“ endlich auch für den Landesverband Baden-Württemberg übernommen. Einstimmig! Letztes Jahr konnte man sich dazu noch nicht durchringen.) Und natürlich ist es richtig, wichtig und ehrenhaft, das Engagement von Bauherren und Bauherrinnen zu würdigen. Architektur entsteht im Dialog! Den Bauherren und vereinzelten Bauherrinnen die Bühne allerdings ganz allein zu überlassen, während sich die Architektinnen und Architekten nach dem Überreichen der Trophäe still auf ihre Plätze zurückziehen mussten, wirkte mitunter befremdlich. Zumal so mancher Bauherr, weniger die Bauherrinnen, dazu neigte, den eigenen Anteil an der gemeinsamen Arbeit überzubetonen.

Nichtsdestotrotz, das Feld der Gewinner-Arbeiten ist beeindruckend! Von den zu Beginn eingereichten 769 Bauten wurden im ersten Verfahrensschritt auf BDA-Kreisebene zunächst 130  mit „Kleinen Hugos“ ausgezeichnet. Der Jury um Peter Brückner oblag es danach, diese Auswahl noch einmal zu sichten, zu sieben und sich schlussendlich auf zehn Arbeiten festzulegen, die nun den BDA-Landespreis erhielten. Sicher keine leichte Aufgabe! Die Qualität macht deutlich, Baden-Württemberg ist ein Architekturland. Ausgezeichnet wurden: Atelier Brückner für die Sanierung der Wagenhallen in Stuttgart; Bächlemeid für das Wohnprojekt Beznerturm in Ravensburg; Birk Heilmeyer Frenzel für die Kita im Park in Stuttgart; Burger Rudacs für die John-Cranko-Schule in Stuttgart; Cukrowicz Nachbaur für die Bischofsgrablege in Rottenburg am Neckar; Ecker Architekten für die Erweiterungsbauten des Jugenddorfs Klinge in Seckach; Knight Architects für die Kienlesbergbrücke in Ulm; Lederer Ragnarsdóttir Oei für die Unternehmenszentrale der Drogeriekette dm in Karlsruhe; Peter Krebs für die Petrus-Jacobus-Kirche in Karlsruhe; und Steimle Architekten für die Stadtbücherei in Kressbronn. An dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch allen Gewinnern!

Ein weiterer Glückwunsch muss dem Landesverband selbst gemacht werden. Mit der neuen Landesvorsitzenden Liza Heilmeyer, im Amt seit Oktober 2020, und der neuen Leiterin der Stuttgarter Geschäftsstelle, Bernita Le Gerrette, tätig seit Februar 2021, wird der BDA in Baden-Württemberg von zwei toughen Frauen geführt, die für frischen Wind und eine neue Tonlage sorgen. Es würde einen nach dem Abend in Baden-Baden nicht wundern, wenn es den beiden mit Engagement und Enthusiasmus gelingt, die Architektur wirklich zum Fliegen zu bringen.

Text: Uwe Bresan